Für Bienen beginnt etwa ab Oktober, mit dem Ende der Brutsaison, die Zeit in der sie sich fast nur noch innerhalb ihres Bienenstockes aufhalten. Sie fallen dort jedoch keineswegs in einen Winterschlaf, wie häufig angenommen wird. Sie sind viel zu sehr damit beschäftigt, an ihrer ausgeklügelten Überwinterungsstrategie festzuhalten. Diese ermöglicht es dem gesamten Volk trotz langanhaltenden Minusgraden zu überleben. Bienen im Winter außerhalb ihres Stockes anzutreffen ist also sehr unwahrscheinlich. Jedoch kann man ihnen mit viel Glück, allerdings nur an Wintertagen mit Temperaturen über 12 Grad Celsius, bei ihrem sogenannten Reinigungsflug begegnen.
Was aber passiert während den Wintermonaten innerhalb des Bienenstockes? Brauchen Bienen im Winter eine Winterfütterung, ähnlich wie bei den Wintervögeln? Und wie halten sich Bienen im Winter warm?
Sommerbienen und Winterbienen
Zunächst ist eine grundlegende Unterscheidung zwischen Sommer- und Winterbienen festzuhalten: Während Sommerbienen zwischen Frühjahr und Spätsommer schlüpfen und einem Lebenszyklus von etwa fünf bis sechs Wochen folgen, schlüpfen Winterbienen erst im Herbst. Da die Natur ihnen im Herbst sehr viel weniger Bienenfutter (Pollen und Nektar) zur Verfügung stellt, sind Sommerbienen stets ein wenig gestresster als ihre erst im Herbst schlüpfenden Kollegen. Schließlich haben sie ununterbrochen etwas zu tun. Deutlich wird dies in den unterschiedlichen Lebenspannen: So werden die Winterbienen deutlich älter als ihre Sommer-„Schwestern“. Sie können ein Alter von bis zu zehn Monaten erreichen.
Magere Zeiten? Bienenfutter und Winterfütterung
In erster Linie zehren Bienen im Winter von den Vorräten, die ihre fleißigen Verwandten bereits in den Sommermonaten heran geschafft haben. Dabei werden im Herbst um die zehn Kilo Honig in die Waben des Bienenstockes eingelagert. Dieser Honig dient als Proviant und wird darüber hinaus als Heizmaterial verwertet. Jedoch kann es aufgrund unterschiedlicher Faktoren dazu kommen, dass dem Volk keine ausreichenden Reserven zur Verfügung stehen und ihnen so der Hungertod droht. Ein unvorhersehbarer Witterungsverlauf, eine nicht absehbare Entwicklung des Bienenvolkes oder das plötzliche Fehlen von gewohnten Futterpflanzen sind nur ein paar der Gründe, aus denen heraus sich die Notwendigkeit für eine Winterfütterung ergibt. Das Eingreifen des Imkers ist somit erforderlich. Er muss seinem Volk das richtige Bienenfutter zur richtigen Zeit zur Verfügung stellen.
Im Spätsommer ist eine vorsorgliche Abwägung der natürlich angesammelten Vorräte anzuraten, um bösen Überraschungen während der Winterzeit vorzubeugen. Der Imker schätzt so ab, ob und in welchem Ausmaß eine Winterfütterung ansteht. Dazu steht ihm unterschiedliches Bienenfutter zur Verfügung. Dieses reicht über den eigenen Blütenhonig aus den Sommermonaten bis hin zu Fertigprodukten. Zu nennen wären hier Zucker- und Stärkesirupe oder Futterteige. Erfahrene Imker stellen Bienenfutter auch selbst her und können damit direkten Einfluss auf erwünschte oder unerwünschte Inhaltsstoffe nehmen. Aber auch bezüglich der Fütterungstechnik gibt es bei der Winterfütterung unterschiedliche Methoden, die Bienen im Winter unterstützen können. Um das Bienenfutter zur Verfügung stellen zu können, wird für die Winterfütterung unter anderem auf Futteraufsätze (Futterzargen), Futtereimer oder Futtertaschen zurückgegriffen.
Bienen im Winter – Gruppenkuscheln
Es kann vorkommen, dass Bienen im Winter so viel Energie verbrauchen, dass ihre gesammelten Vorräte nicht ausreichen. Doch wie ist das möglich? Schließlich bewegen sie sich fast nur noch innerhalb des Stockes. Kräftezehrende Erkundungsflüge und anstrengende Flüge zum Transport von Pollen finden in den Wintermonaten nicht statt. Oberflächlich betrachtet könnte der Eindruck entstehen, sie lägen auf der faulen Haut und ruhten sich auf den Lorbeeren ihrer Vorgänger, den Sommerbienen, aus. Ein Blick in die Behausung der Bienen verrät, dass dieser Eindruck ein Trugschluss ist.
Was bei Menschen unter dem Begriff „Gruppenkuscheln“ bekannt ist, ist für die Bienen im Winter eine Überlebensstrategie. Das gesamte Volk rückt zu einem Haufen zusammen und bildet die sogenannte Wintertraube. Inmitten dieser Traube befindet sich die Bienenkönigin. Fällt die Temperatur nun innerhalb des Bienenstockes unter 10 Grad Celsius, beginnt das gesamte Volk mit den Flügeln zu zittern. Durch die Bewegung der Flugmuskulatur wird so viel Wärme erzeugt, dass die Temperatur im Inneren der Bienenbehausung auf über 30 Grad Celsius ansteigen kann.
Selbst zweistellige Minusgrade im Außenbereich können dem Volk somit nichts anhaben. Denn die Bienen tauschen ihre Positionen innerhalb der Wintertraube kontinuierlich. Alle Individuen werden damit gleichmäßig warm gehalten. Bei dieser Prozedur „verheizen“ die Bienen ihre Honigvorräte im wahrsten Sinne des Wortes, schließlich müssen sie essen, um ihren Energiebedarf zu decken. Gleichzeitig wird erst durch das Wärmen des Bienenstocks der durch die Außenkälte zäh gewordene Honig wieder flüssig. Nun kann der Honig von den Bienen über ihren Rüssel aufgenommen werden. Das gegenseitige Wärmen und das Wärmen des Bienenstocks haben also eine zentrale Bedeutung für das Überleben der Bienen im Winter.
Einzelkämpfer Wildbiene
Wildbienen setzen im Gegensatz zu den Honigbienen auf andere Methoden zur Erhaltung ihres Nachwuchses. Zunächst bilden sie meist keine oder nur einjährige Völker aus. Der Leitsatz der Honigbienen „Einer für alle, alle für einen“ entfällt somit bei den Wildbienen. Bei den Hummeln überwintern lediglich die befruchteten Jungköniginnen in einem geschützten, meist unter der Erde gelegenen Winterquartier. Dieses wird von ihnen selbst ausgesucht und bezogen. Treffen im nächsten Frühling die erste wärmenden Sonnenstrahlen auf die Erde, schwärmen die zukünftigen Bienenköniginnen aus und gründen ein eigenes Volk.
Bienenarten hingegen, die selbst gar keine Völker bilden, legen ihre Eier, gut verschlossen und mit Proviant ausgestattet, in eine geeignete Brutstätte. Dies können Halme, Stengel oder zum Beispiel Altholz sein. Von nun an wird die Brut ihrem Schicksal überlassen. Kurz nach der Ablage entwickelt sich aus dem Ei eine Larve, die sich noch in ihrem Versteck verpuppt und in diesem Zustand den Großteil des Winters verbringt. Im nächsten Jahr schlüpft daraus, wenn alles gut gegangen ist, eine neue Generation Bienen. In Ausnahmefällen, zum Beispiel bei der blauschwarzen Holzbiene, überwintern Männchen und Weibchen gemeinsam, um sich im Frühjahr zu paaren. Die Weibchen legen noch bis spät in den Sommer hinein Nester an und verfügen somit über eine weitaus höhere Lebensdauer als die meisten ihrer Verwandten.