Atmen steht für Leben. Bis auf eine kürzlich entdeckte Art eines Lachsparasiten benötigen alle Tiere Sauerstoff zum Überleben, einschließlich der Bienen. Im gesamten Tierreich entwickelten sich zahlreiche Atmungssysteme, perfekt abgestimmt auf die jeweilige Lebensbedingung. In diesem Beitrag wollen wir uns mal aus wissenschaftlicher Sicht der Atmung und dem Kreislaufsystem der Bienen widmen. Nein, keine Sorge, es ist nicht langweilig. Im Gegenteil, es ist unfassbar faszinierend, was sich die Natur hier ausgedacht hat. Viel Spaß beim Lesen und Staunen.
Das Atmungssystem
Wissenschaftler unterscheiden grob folgende Atmungssysteme:
- Lungenatmung: Säugetiere, Vögel, Reptilien und einige Amphibien
- Kiemenatmung: Fische und Krebse
- Tracheenatmung: Insekten, Tausendfüßer und Spinnen
- Hautatmung: Amphibien, z. B. Frösche
Bei Säugetieren geht die Atmung Hand-in-Hand mit dem Kreislaufsystem. Wie eine ausgeklügelte Maschine, bei der ein Rädchen ins andere greift, arbeitet das System zusammen. Nach dem Einatmen gelangt der Sauerstoff über die Lungen in den Körper, wo er sich an das Hämoglobin im Blut bindet und dann über eine Matrix von Gefäßen an die Zellen und Gewebe verteilt wird. Anschließend wird das zum Kohlendioxid umgewandelte Atemgemisch zurück in die Lunge geleitet und durch Ausatmen wieder ausgestoßen.
Stelle es dir wie einen riesigen Baum vor, mit einem Stamm, großen und kleinen Ästen, abgerundet durch kleinste Zweige. Die Hauptgefäße sind wie der Baumstamm und die kleinen Zweige an den Enden sind die Endstücke. Im Organismus wären das dann die sogenannten Kapillaren, also die winzigen Blutgefäße an den Enden, die für den eigentlichen Gasaustausch zuständig sind.
Das System bei Insekten
Soweit das System bei uns Menschen und allen anderen Säugetieren. Bei Insekten verhält es sich jedoch anders, sie haben weder Lunge noch Kiemen wie Fische. Doch wie atmen sie? Vorneweg: Auch bei Bienen und anderen Insekten arbeitet das Atmungs- und Kreislaufsystem zusammen – wenn auch nicht ganz so dicht wie bei den Säugern. Es handelt sich bei Insekten um zwei verschiedene Bereiche. Das Atmungssystem führt Sauerstoff zu und stößt Kohlendioxid aus, während das Kreislaufsystem Nahrung in die Zellen hinein und Abfallstoffe aus ihnen heraus transportiert. Das Kreislaufsystem der Insekten hat jedoch kein Hämoglobin-Äquivalent und ist daher nicht in der Lage, Sauerstoff von Ort zu Ort im Körper zu transportieren.
Und? Wie atmen Bienen jetzt genau?
Vereinfacht erklärt, atmen Bienen über offene Stellen an der Hautoberfläche, die mit dem inneren Gewebe und auch mit den Organen verbunden sind. Diese sogenannten Atemöffnungen nennt man „Stigmen“ und darüber strömt die Atemluft direkt ins Innere des Organismus. Bei Bienen und den meisten Insekten, mündet jeder Stigma in eine Röhre, die Tracheen genannt wird. Dabei handelt es sich um kleine, schmale Röhren, die aus Chitin bestehen. Das wiederum ist der gleiche Stoff, der Käfern ihre Panzerung verleiht. Auch Insekten haben einen „Hauptstamm“, der wiederum viele Verästelungen aufweist. Bei Insekten nennt man die dünnsten und kleinsten Verästelungen „Tracheolen“. Diese sind wiederum direkt und ohne Umweg mit den Organen verbunden.
Die Biene atmet über die Stigmen ein. Die Tracheen vergrößern sich, nehmen die Luft auf und bugsieren den Sauerstoff zu den Zellen. Beim Ausatmen gelangt Kohlendioxid über die Tracheen nach draußen und sie ziehen sich wieder zusammen. Die Tracheen haben übrigens eine interessante Optik, es handelt sich um spiralförmige Röhren, ähnlich dem Staubsaugerschlauch. Der Sauerstoff in der Tracheole schmilzt sozusagen in das Gewebe ein und das Kohlendioxid, das sich in der Zelle angesammelt hat, gelangt aus dem Gewebe durch Ausatmen zurück in die Außenwelt.
Bienen tragen die ersten drei Luftpaare auf dem Brustkorb und sieben Luftpaare am Hinterleib. Könntest du die Bildung des Atmungssystems direkt vom ersten Larvenstadium an unter einem Mikroskop beobachten, würde sich dir eine völlig neue und sehr faszinierende Welt auftun.
Zuerst würdest du schwarze Pünktchen sehen, das sind die sich bildenden Stigmen. Kurz danach bildet sich ein verzweigtes System der Luftröhren. Danach folgen die „Luftsäcke“, die bei Bienen ähnlich wie bei den Säugern die Lungenfunktion innehaben. Diese Luftsäcke ziehen sich je nach Sauerstoffbedarf der Biene zusammen oder sie dehnen sich aus. Durch den Druck wird somit der Sauerstoff dorthin gepresst, wo er benötigt wird. Mit ihren Muskeln kann die Biene den Sauerstoff durch ihr Organsystem steuern. Das hat zur Folge, dass sich der gesamte Hinterleib ruckartig bewegt. Für Neulinge in der Imkerei ist das ein durchaus beunruhigender Anblick, denn die Biene sieht aus, als hätte sie einen Krampfanfall, dabei ist sie nur außer Atem.
Das System hat Tücken
So ausgeklügelt der Atmungsapparat der Bienen auch sein mag – er beinhaltet einen immensen Nachteil: Die Tracheenmilbe (Acarapis woodi) hat leichtes Spiel und ist ein Spezialist, sich in das Atmungssystem der Biene einzunisten. Das erste Luftröhrenpaar direkt hinter dem Bienenkopf ist groß genug, um dass die Milbenart eindringen kann. Die mikroskopisch kleine weibliche Tracheenmilbe kann von Biene zu Biene wandern, indem sie sich einfach auf ein winziges Bienenhaar setzt und darauf wartet, auf eine neue Biene getragen zu werden. Sie wandert so lange, bis sie ein junges Exemplar gefunden hat, das sie bewohnen kann – je jünger, desto besser. Sobald sie mit ihrem Wirt zufrieden ist, sucht sie sich einfach die Öffnung hinter dem Kopf, schlendert hinein und beginnt mit der Eiablage im Tracheenrüssel – dem größten Teil des Tracheensystems.
Sobald die Eier schlüpfen, durchbohren die sich entwickelnden Milben mit ihren Mundwerkzeugen die Tracheenwand und ernähren sich zusammen mit der Mutter von der Hämolymphe der Honigbiene, die die Tracheen umgibt.
Im Endeffekt verstopfen sie die Luftröhre mit ihren Nachkommen und vielen Ablagerungen. Die Luftröhre vernarbt und wird instabil und brüchig. Die geschädigten Luftröhren verlieren ihre Elastizität, bis die Biene nicht mehr ausreichend atmen kann. Die Luftnot geht soweit, dass die Biene nicht mehr fliegen kann, geschweige denn ihren Aufgaben im Bienenstock nachkommen. Ein Ausbruch von Tracheenmilben kann ein Bienenvolk schnell zum Zusammenbruch bringen.
Das Kreislaufsystem
Das Kreislaufsystem ist simpel, aber ungemein effektiv: Es besteht hauptsächlich dem Herz und einer Aorta. Es ist zuständig für die Verteilung der Nährstoffe und der Hormone an das Zellsystem. Zudem kümmert es sich um die Beseitigung der „Abfälle“ und es steuert das Immunsystem. Das Bienenherz hat die Form einer Röhre und beinhaltet vier Kammern, ausgestattet mit einer Art Ventilen, die in der Hämolymphe schwimmen. Das ist das Kreislaufsystem und enthält das „Blut“ – genauer, eine Mischung aus Blutplasma und Lymphflüssigkeit. Falls es dich ganz genau interessiert, dann findest du hier eine genaue Definition.
Es ist ungemein faszinierend, wie exakt und minimalistisch hier das Leben funktioniert. Ich hoffe, dir hat der Artikel gefallen und konnte dich ein kleines Stück in die faszinierende Bienenwelt mitnehmen 🙂
Ja Moin auch.
Mich würde einmal Interessieren , wo eine Bienenlarve ihre Atemöffnungen hat.
Da ich die Larven als Imker beim umlarven wieder so ablegen soll wie ich Sie aufgenommen habe.
Dann gehe ich davon aus das die Atemöffnung seitlich auf einer Seite angeordnet ist.
Dann müßten die Stifte immer in der selben Richtung sich auf die Seite legen.
Oder bei zwei seitlichen angeordneten Öffnungen müßte die Larve dann die untere verschießen.
Frage: Ist das so
Mit freundlichen Grüßen Dirk Köppen aus Lübeck