Lindenhonig gehört der Kategorie “Besonderheiten” an. Häufig lassen Imker auf dem Markt diese Honigsorte den Kunden erst verkosten, denn nicht jeder mag den Geschmack. Eine leichtes Aroma von Menthol entströmt dieser Honigsorte, bei der übrigens eine hohe Verwechslungsgefahr mit Lindenblütenhonig besteht. Dabei handelt es sich um zwei verschiedene Honigsorten: Blütenhonig beziehungsweise Honigtauhonig. Im folgenden Artikel schauen wir uns die Linde und ihre Quellen genauer an. Warum ist dieser baum wie kein anderer mit dem Begriff „Heimat“ verwurzelt? Warum muss der Sommer nass gewesen sein, damit es viel Lindenhonig gibt? Was zeichnet diese leckere Honigsorte aus? Lindenhonig ist facettenreich und immer ein Schmankerl wert – lese selbst.
Die nutzbringende “Tilia”
Die Ableitung der Bezeichnung “Linde” (Tilia) kann auf zweierlei Wegen erfolgt sein: Einmal dem nordgermanischen “linda” (binden). Das hat durchaus seine Berechtigung, denn einst wurden aus Lindenbast Bindeelemente hergestellt. Lindenbast wird gewonnen, indem eine gefällte Linde möglichst am Stück entrindet und diese Rinde für rund 4 Wochen in ein stehendes Wasser gelegt wird. Die Bakterien tun ihr Werk und nach Ablauf der “Wasserzeit” lässt sich der Bast von der Borke trennen. Nach weiteren Verschmälerungen das Bast bündeln und an der Luft trocknen lassen.
Eine weitere Ableitung des Namens für den stattlichen Baum könnte auch dem Ursprung des Wortes “lindern” geschuldet sein. Dieses stammt vom althochdeutschen “lind” und steht für weich und sanft. Und genau diese Charakterzüge werden auf die Linde wie auf kaum einen anderen Baum bezogen, abgerundet mit ihrem vertrauensvollen Schutz, den sie als Dach spendet, sitzt man unter der Linde.
Ein Symbol des Volkes
Die Linde wird in zahlreichen Liedern besungen. Sie wird verehrt und diente einst sogar als Gerichtsstätte. Die Menschen glaubten einst, dass unter der Linde die Wahrheit nicht verborgen bleiben kann. Häufig wurde sie in der Ortsmitte angepflanzt, so markiert sie heute in vielen Gemeinden den Mittelpunkt der Gemeinde. Der Volksbaum diente zudem häufig als Namensspender für die Ortschaft selbst – über 1000 Ortschaften tragen die “Linde” in ihrer Ortsbezeichnung.
Und noch eine Bedeutung hatte die Linde: Sie ist der berühmte Baum, der gepflanzt wurde, wenn der Stammhalter das Licht der Welt erblickte.
Und heute?
Heute ist die Linde eine beliebte Trachtpflanze für Bienen. Solange ihre Wurzeln gut im Wasser stehen, bietet sie eine reichhaltige Nektar- und Pollenquelle. Die Linde wird mit ihrer stattlichen Höhe von bis zu 40 Metern und einem Stammumfang von bis zu 9 Meter gerne als Alleebaum, als Stadtbaum oder ganz traditionell als Dorfmittelpunkt genutzt. Weit verbreitet ist sie in Norddeutschland, deswegen stehen norddeutsche Regionen besonders häufig auf dem Etikett des Lindenhonigs. Hierzulande finden sich Exemplare sowohl der Sommer- als auch der Winterlinde. Beide Lindenarten versorgen Bienenvölker mit viel Nektar und Pollen – sofern die zu den Malvengewächsen gehörende Pflanzenart genug bewässert wurde.
Die süße Verheißung
Linden gehören zu den Laubbäumen und ihre Blüten ergeben Lindenblütenhonig. Haben es die Bienen vermehrt auf den Honigtau des Baumes abgesehen, ergibt das unter Umständen Lindenhonig. Lindenbäume bieten Millionen Kleinstlebewesen ein Zuhause. Lausarten beispielsweise ernähren sich von dem Siebröhrensaft, den der Baum absondert. Alles, was die winzigen Insekten nicht selbst verdauen können, scheiden sie einfach wieder aus. Wer einmal sein Auto unter einem Lindenbaum parkte, weiß, was gemeint ist: Diese klebrigen Flecken, die häufig die Fahrt zur Waschhalle erfordern – das ist der Überschuss der Insekten-Bewohner der Linde. Bienen sind ganz begierig auf die süße Tropfen, die von den Insekten hinterlassen werden. Sie sammeln die Hinterlassenschaften eifrig ein und produzieren daraus den beliebten Honigtauhonig.
Lindenhonig vs Lindenblütenhonig
Während also Lindenblütenhonig aus dem Nektar der Lindenblüte gewonnen wird, hat Lindenhonig seinen hauptsächlichen Ursprung im Honigtau. Das ergibt zwei völlig unterschiedliche Honigsorten, die sich in geschmack, Konsistenz, Farbe und Aroma unterscheiden.
Lindenblütenhonig ist eher hell, seine gelbliche Farbe reicht bis ins Grünliche. Durch Rühren des Honigs wandelt sich das Gelbliche in hellere Farbtöne, fast schon in Richtung weiß. Übrigens ist genau jener “Grünstich” ein Erkennungsmerkmal für Honig-Experten, denn dieser Farbton deutet auf eine hohe Reinheit hin. Obwohl Lindenblütenhonig – wie an der Bezeichnung erkennbar – ein Blütenhonig ist, können sich in ihm Anteile von Honigtau verstecken. Der Honig der Lindenblüte hat einen leicht ausgeprägten, charakteristischen Menthol-Geschmack. Er schmeckt fruchtig und kann durchaus kräftige Aromen bereithalten.
Lindenhonig ist hingegen ein Honigtauhonig – der aber auch Anteile von Nektar enthalten kann. Er ist von dunkleren Gelbtönen, die tief ins Orange reichen können. Während bezüglich des beim Öffnen entströmenden Aromas kaum Unterschiede ausgemacht werden können, schmeckt Lindenhonig je nach Tracht würzig, etwas blumig – aber niemals schwer.
Lindenhonig macht sich naturgemäß ganz ausgezeichnet im Lindenblütentee. Dieser Kräutertee wird traditionell als schweißtreibend, fiebersenkend und ganz allgemein als beruhigend beschrieben. Besonders bei Erkältungskrankheiten soll Lindenblütentee mit Honig eine lindernde Wirkung haben – ganz im Sinne des Wortes.